Nur noch bis zum Jahr 2029 geben Forscher des Imperial College uns, bis sich die Erdtemperatur auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau erhöht hat. Das bedeutet, dass wir künftig deutlich weniger CO2 ausstoßen dürfen als lange angenommen. Und doch bewegen wir uns in Sachen globaler Klimaschutz nur behäbig vorwärts, während uns die Zeit davonrennt.
2022 lagen die weltweiten CO2-Emissionen bei 36,6 Gigatonnen – einer neuen, fatalen Rekordmarke. 70 Prozent der CO2-Emissionen waren dabei auf nur 100 Konzerne zurückzuführen. Diese Zahlen machen sehr deutlich, welchen Einfluss gerade Unternehmen auf den Klimawandel haben. Damit sind sie es auch, die am größten Stellhebel sitzen, um CO2-Emissionen weltweit einzusparen.
Unternehmen, die das Thema strategisch und damit effektiv angehen möchten, sollten die Mitigation Hierarchy kennen und ihre Maßnahmen zum Reduzieren von Treibhausgasemissionen danach ausrichten. Die Mitigation Hierarchy ist ein zentrales Werkzeug für Unternehmen, um Verantwortung für ihren CO2-Fußabdruck zu übernehmen.
In diesem Blogartikel stellen wir Ihnen die Mitigation Hierarchy und ihre Ziele vor und zeigen die einzelnen Schritte auf, die Ihr Unternehmen zum Reduzieren seiner Emissionen durchlaufen sollte.
Die Mitigation Hierarchy (dt. Hierarchie der Schadensminderung) stellt einen strukturierten Ansatz dar, der Unternehmen dabei hilft, ihren CO2-Fußabdruck systematisch zu reduzieren. Es handelt sich dabei um einen gestaffelten Ansatz, der Prioritäten für Maßnahmen zur Emissionsminderung setzt. Diese Hierarchie wird in vier Schritte eingeteilt: Vermeidung, Reduktion, Wiederherstellung und Kompensation.
Das Hauptziel der Mitigation Hierarchy ist es, eine strukturierte und effiziente Vorgehensweise für Unternehmen bereitzustellen, um ihre Umweltauswirkungen systematisch zu reduzieren. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen zu minimieren und somit den ökologischen Fußabdruck von Unternehmen zu verkleinern. Indem das Vermeiden und Reduzieren von Emissionen priorisiert werden, setzt die Mitigation Hierarchy einen starken Anreiz für Innovation und Effizienz.
In Zahlen ausgedrückt, ist das Ziel der Mitigation Hierarchy, die globalen Treibhausgasemissionen signifikant zu senken. Laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ist es notwendig, die globalen Emissionen bis 2030 um 45 % gegenüber dem Stand von 2010 zu reduzieren, um das Ziel des Pariser Abkommens, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, zu erreichen. Neueste Studien gehen mittlerweile jedoch davon aus, dass wir damit trotzdem auf eine gefährliche Erderwärmung von fast drei Grad zusteuern. Wir müssen unsere Emissionen also noch stärker reduzieren. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie nicht nur ihre eigenen Emissionen betrachten, sondern auch ihre Wertschöpfungskette und die indirekten Emissionen, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen verbunden sind.
Ein weiteres Ziel der Mitigation Hierarchy ist es, Unternehmen dazu zu bringen, ihre Klimaschutzmaßnahmen und Fortschritte für die Öffentlichkeit zugänglich und nachprüfbar zu machen. Das stärkt die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen und hilft Investor*innen sowie Kund*innen, gut informierte Entscheidungen zu treffen.
Darüber hinaus soll die Mitigation Hierarchy Unternehmen dabei unterstützen, sich besser gegen Klimarisiken zu wappnen und ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig zu machen. Durch die frühzeitige Anpassung an eine kohlenstoffarme Wirtschaft können Unternehmen nicht nur Kosten sparen, sondern auch neue Geschäftschancen erkennen und Wettbewerbsvorteile erzielen.
Vorweg sei gesagt, dass es verschiedene Modelle der Mitigation Hierarchy gibt. Manche umfassen nur drei oder sogar fünf Schritte. Letztendlich folgen sie aber alle der gleichen Logik. Im Folgenden betrachten wir das sehr effektive vierstufige Modell. Darin wird beschrieben, wie Emissionen zu vermeiden und zu reduzieren, die Natur wiederherzustellen und schließlich Emissionen zu kompensieren sind.
Bevor Sie anfangen, Maßnahmen einzuleiten, messen Sie den CO2-Fußabdruck Ihres Unternehmens. Das ist Schritt 0, wenn Sie so wollen. Im Internet finden Sie zahlreiche CO2-Rechner. Manche davon sind kostenfrei, dafür nicht ganz so akkurat wie andere, kostenpflichtige. Das Ergebnis gibt Aufschluss darüber, an welchen Stellen Sie Emissionen vermeiden, reduzieren, natürliche Ressourcen wiederherstellen und schließlich Emissionen kompensieren sollten.
Schritt 1: Emissionen vermeiden
Beginnen Sie mit dem ersten und wichtigsten Schritt: Vermeiden Sie Emissionen!
Mit dieser Maßnahme packen Sie das Problem an der Wurzel, indem Sie die Freisetzung von Treibhausgasen verhindern, bevor sie überhaupt entstehen. Das bedeutet, dass Sie Aktivitäten, Prozesse oder Technologien so gestalten oder – wenn Prozesse bereits existieren – so umgestalten, dass sie keine Treibhausgase erzeugen. Die Emissionen sind hier also gleich null.
Schritt 2: Emissionen reduzieren
Nachdem Sie im ersten Schritt Maßnahmen implementiert haben, um Emissionen zu vermeiden, folgt ein zweiter wesentlicher Schritt: Reduzieren Sie Emissionen!
Dabei geht es darum, die Emissionen, die nicht vollständig vermieden werden können, zu minimieren. Bestehende Prozesse und Technologien müssen so angepasst werden, damit sie weniger Treibhausgase erzeugen. Hierbei handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess der Optimierung und Innovation.
Für Unternehmen stellen diese beiden Schritte – Emissionen zu vermeiden und zu reduzieren – nicht nur einen Beitrag zum Umweltschutz dar. Sie bieten auch eine Gelegenheit, die Betriebseffizienz zu steigern und langfristig Kosten zu sparen.
Schritt 3: Natürliche Ressourcen wiederherstellen
Im dritten Schritt liegt der Schwerpunkt auf der Wiederherstellung natürlicher Ressourcen innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette. Durch die Finanzierung entsprechender Klimaschutzprojekte sollen negative Auswirkungen auf die Umwelt in den eigenen Betriebsabläufen, Produkten oder Dienstleistungen adressiert werden. Man spricht dabei auch von Insetting (im Gegensatz zum Offsetting, wodurch Unternehmen Emissionsreduktionen außerhalb ihrer eigenen Aktivitäten finanzieren). Es geht darum, Ökosysteme wie Wälder und Meere, die unter dem Geschäftsmodell eines Unternehmens leiden, wiederherzustellen. Ein Beispiel stellt die Möbelindustrie dar, welche für ihre Produkte auf Holz angewiesen ist. Durch die Finanzierung von Insetting-Projekten – zum Beispiel für verbessertes Waldmanagement (Improved Forest Management) leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Wiederherstellung von Wäldern und damit zum Klimaschutz.
Schritt 4: Emissionen kompensieren
Nachdem Sie bereits Schritte unternommen haben, um Emissionen zu vermeiden und zu reduzieren und auch innerhalb Ihrer Wertschöpfungskette Ressourcen wiederhergestellt haben, gilt es nun, darüber hinaus unvermeidbare Emissionen zu kompensieren. Hierbei geht es darum, die verbleibenden Treibhausgasemissionen durch Investitionen in Klimaschutzprojekte auszugleichen. Damit soll sichergestellt werden, dass Treibhausgase an anderer Stelle reduziert oder gebunden werden. Beispiele für solche Projekte sind Investitionen in erneuerbare Energien oder Waldprojekte, durch die mehr CO2 gespeichert wird.
In diesem Schritt der Mitigation Hierarchy geht es nicht nur darum, eine Netto-Null-Bilanz zu erreichen, indem Ihr Unternehmen genauso viel Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernt, wie es ausstößt. Die Kompensationsmaßnahmen bieten auch die Möglichkeit, Verantwortung für die eigenen Umweltauswirkungen zu übernehmen und einen wichtigen Beitrag zum globalen Klimaschutz zu leisten. Damit stellt die Kompensation einen ebenfalls elementaren Schritt Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie dar. Dennoch darf sie nur als Ergänzung zu den vorherigen Schritten verstanden werden. Keinesfalls darf die Kompensation ein Ersatz für das Vermeiden und Reduzieren von Emissionen sein.
Unternehmen der Wertschöpfungskette Wald und Holz (z. B. Hersteller von Holz- oder Papierprodukten) benötigen für die Berechnung ihrer Treibhausgasemissionen unter anderem aussagekräftige Forstdaten, welche OCELL bereitstellen kann (Schritt 0).
Und auch beim Minimieren der Dauer, Intensität und des Umfangs negativer Auswirkungen auf den Wald, welche nicht vollständig vermieden werden können, kann OCELL unterstützen (Schritt 2).
Schritt 3 und 4 können Unternehmen über die Klimaschutzprojekte von OCELL angehen, welche lokale Wälder in klimaresiliente, CO2-optimierte Mischwälder transformieren.
Erfahren Sie hier mehr über die Klimaschutzprojekte von OCELL.
Wenn Sie den CO2-Fußabdruck Ihres Unternehmens berechnet haben, prüfen Sie genau, an welchen Stellen, Sie Emissionen zunächst vermeiden und dann reduzieren können. Einige wichtige Bereiche stellen wir Ihnen hier vor:
Mitarbeitermobilität
Einen der Haupttreiber von CO2-Emissionen stellt die Mitarbeitermobilität dar. Prüfen Sie genau, welche Geschäftsreisen wirklich notwendig sind und welche sich beispielsweise durch Video-Calls ersetzen lassen. Erarbeiten Sie auch Richtlinien für Geschäftsreisen. Diese könnten beinhalten, dass Inlandsreisen, die sich nicht vermeiden lassen, nur per Bahn getätigt werden dürfen. Bei der Anschaffung neuer Firmenfahrzeuge empfiehlt es sich, auf Elektroautos zu setzen. Fördern Sie zudem die Anreise ins Büro mit öffentlichen Verkehrsmitteln, indem Sie Monatskarten und auch Jobräder subventionieren. Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitenden außerdem von zuhause zu arbeiten. All diese Maßnahmen tragen nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern fördern auch ein modernes, mitarbeiterfreundliches Arbeitsumfeld.
Energieeffizienz
Großes Einsparpotenzial gibt es auch in der Energieversorgung Ihres Bürogebäudes. Strom für Heizung, Lichter oder die Klimaanlage tragen entscheidend zum CO2-Fußabdruck Ihres Unternehmens bei. Wechseln Sie daher zu grünem Strom, der auf erneuerbaren Energiequellen wie Wind-, Solar- oder Wasserkraft basiert. Die Nutzung erneuerbarer Energien, einschließlich Solar- und Windenergie, führte im Jahr 2022 laut Umweltbundesamt zur Vermeidung von rund 237 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.
Betrachten Sie zudem Ihre derzeitigen Betriebsabläufe und identifizieren Sie Bereiche, in denen die Energieeffizienz verbessert werden kann. Dies könnte der Einsatz von energiesparenden Geräten, die Optimierung von Heizungs- und Kühlsystemen oder die Implementierung von intelligenten Gebäudesteuerungssystemen sein.
Abfallmanagement
Auch der Umgang mit Abfällen hat direkte Auswirkungen auf Ihren CO2-Fußabdruck. Indem Ihr Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette weniger Abfall produziert und mehr recycelt und kompostiert, entlasten Sie die Umwelt und sparen zudem langfristig Kosten.
Unternehmenskantinen produzieren oft große Mengen an Abfällen. Was hat das aber mit Ihrem CO2-Fußabdruck zu tun? Bis das Essen auf dem Tisch Ihrer Mitarbeitenden landet, hat es oft einen langen Weg hinter sich – vom Anbau und der Aufzucht hin zur Produktion, der Vermarktung und dem Transport. Bei jedem dieser Schritte werden Treibhausgase freigesetzt. Vermeiden Sie daher Lebensmittel zu verschwenden. Setzen Sie zudem in der Kantine und bei Events auf vegetarische oder vegane Kost, da auch so große Mengen an Treibhausgasen eingespart werden. Und schließlich – wenn nicht schon längst geschehen: Verbannen Sie Einwegflaschen, -geschirr und -besteck aus Ihrem Unternehmen und bieten Sie stattdessen Mehrwegbehälter an.
Das Umweltbundesamt vermeldete für das Jahr 2022 einen leichten Rückgang der CO2-Emissionen in Deutschland: 15 Millionen Tonnen wurden im Vergleich zum Vorjahr eingespart. Das klingt zwar nach viel, tatsächlich ist es aber nur eine Ersparnis von 1,9 Prozent. Die Emissionen lagen im letzten Jahr trotzdem bei beachtlichen 666 Millionen Tonnen CO2. Weltweit waren es sogar knapp 37 Milliarden Tonnen. Um auf netto-null zu kommen, müssten also ebenso viele Tonnen CO2 aus der Atmosphäre gesaugt werden. Tatsächlich sind es aber nur rund 2 Milliarden Tonnen, die durch Waldprojekte, neue Technologien und andere Maßnahmen entfernt werden.
Es gibt also noch viel zu tun – und Unternehmen sitzen aufgrund der Menge ihrer CO2-Emissionen sowie finanzieller Ressourcen am langen Hebel. Wenn Unternehmen das Tempo jedoch nicht erhöhen und nicht über politische Vorgaben hinaus freiwillig handeln, sind die von Experten angepeilten Ziele nach aktuellem Kenntnisstand nicht zu erreichen.
Die Mitigation Hierarchy ist ein Instrument, das Unternehmen dazu bewegen soll, proaktiv und mit klar definierten Schritten zum globalen Klimaschutz beizutragen. Nur, wenn Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck auch in Zukunft drastisch senken und verbleibende Emissionen über Klimaschutzprojekte ausgleichen, haben wir eine Chance, die globalen Klimaziele zu erreichen.
Erfahren Sie hier, wie Sie mit CO2-Zertifikaten von OCELL zu einem verbesserten Forstmanagement für CO2-optimierte und klimaresiliente Wälder beitragen können.